Finanzthemen

Im folgenden hier einige Texte / Kommentare zu verschiedenen Finanzthemen.


22. August 2020:

Meine Definition der Begriffe Investment, Spekulation und Glückspiel

In vielen Zeitungsartikeln werden die Begriffe Investment und Spekulation benutzt ohne dass völlig klar wäre, was mit diesen Begriffen genau gemeint ist.

Fragt man z.B. Herrn Jedermann oder Frau Musterfrau ob sie ein Geschäft an einer Terminbörse als Investment ansehen, so wird man mit großer Wahrscheinlichkeit hören, dass ein Geschäft an einer Terminbörse Spekulation sei.

Wie definiert etwa der Duden die Begriffe (Der große Duden Fremdwörterbuch, 1974, die Version, die in meinem Bücherschrank steht):

Investment: Kapitalanlage in Investmentzertifikaten

Spekulation: Gesamtheit aller Geschäftsabschlüsse, die auf Gewinne aus künftigen Preisveränderungen abzielen (3. Variante im Duden) Vage Berechnung; das Rechnen mit dem Zufallserfolg des Risikos (4. Variante im Duden)

Diese Definitionen sind meines Erachtens zu eng und für Anlagenentscheidungen nicht sonderlich hilfreich. Ich gebe daher meine eigenen Definitionen dieser Begriffe wobei ich drei Arten von Anlagen unterscheiden möchte:

Eine Anlage heißt Investment, wenn der Erwartungswert der Rendite positiv ist.

Eine Anlage heißt Spekulation, wenn das Vorzeichen des Erwartungswertes der Rendite unbekannt ist.

Eine Anlage heißt Glückspiel, wenn das Vorzeichen des Erwartungswertes der Rendite negativ ist.

Der Begriff Erwartungswert wird hier im statistischen Sinne benutzt. Das Wort Rendite bezieht sich zunächst der Einfachheit halber auf den Ertrag gemessen in einer stabilen Währung und kann natürlich, wenn dies nicht mehr der Fall sein sollte, geeignet variiert werden.

Es ist klar, dass der Erwartungswert einer Anlage nie völlig exakt bestimmt werden kann, da niemand in die Zukunft blicken kann. Außerdem ist dieser Wert natürlich zeitvariant. Investiert man beispielsweise in eine Aktie, kann es passieren, daß durch unvorhersehbare Ereignisse der Erwartungswert sein Vorzeichen wechselt.

Ein paar Beispiele mögen dies verdeutlichen.

Beispiel für ein Investment: Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass bei einer ganzen Reihe von Aktien, den sogenannten Dividendenaristokraten, die Dividende der letzten z.B. zwanzig Jahre ständig erhöht wurde (aber zumindest nie gekürzt wurde). Somit kann mit einer einigermaßen gesicherten Datenreihe geschlußfolgert werden, dass eine längerfristige Anlage in diesen Werten eine positive Dividendenrendite abwirft, dass es sich nach obiger Definition also um ein Investment handelt.

Beispiel für eine Spekulation: Eine neue Aktie kommt an die Börse. Das Geschäftsmodell der Firma ist ausgerichtet auf ein einziges innovatives Produkt bei dem man allerdings noch nicht sicher weiß wie gut es im großen Maßstab ankommt. Die Firma hat noch nie Gewinne gemacht, allerdings gibt es Analysten, die überzeugt sind, dass die Firma Erfolg haben wird. Andere Analysten warnen vor einem Kauf.

Beispiel für Glückspiel: Der Besuch in einem Spielcasino mit Roulettespiel. Von der mathematischen Theorie des Roulettespiels ist bekannt, dass der Erwartungswert des Roulettespiels negativ ist.


In Ergänzung zu den obigen Definitionen könnte man eine Anlage bei der der Erwartungswert der Rendite gleich Null ist als Wertaufbewahrungsmittel bezeichnen. Kurzfristig ist dies z.B. eine stabile Währung, langfristig z.B. Gold.

08. Oktober 2020:

Wo es sich lohnt zu Klagen

In vielen Ländern wird die langfristige Wertpapieranlage steuerlich begünstigt. Auch in Deutschland gab es bis Ende der 90-er Jahre des letzten Jahrhunderts eine sechsmonatige Spekulationsfrist nach der der Verkauf von Wertpapieren steuerfrei war. Diese sechmonatige Frist wurde dann auf ein Jahr verlängert und schließlich ab 2009 komplett abgeschafft.

Fast alle ab 2009 angeschafften Wertpapiere (mit temporärer Ausnahme von XETRA Gold) unterliegen seither einer 25 prozentigen Kapitalertragssteuer (plus Solidaritätszuschlag plus ggf. Kirchensteuer).

Diese zeitlich unbegrenzte Steuer führt langfristig natürlich zu einem Problem, das bisher nicht in der Öffentlichkeit adäquat thematisiert wurde. Bei der Abschaffung der Spekulationsfrist hat man nämlich die Geldentwertung nicht berücksichtigt, die bei langjähriger Haltung eines Wertpapiers berücksichtigt werden muß.

Dies sei an einem fiktiven Beispiel erläutert. Angenommen ein Anleger hat im Januar 2010 ein Wertpapier für 10000,-Euro gekauft. Nach zehn Jahren also im Jahr 2020 verkauft er dieses für 20000,-Euro. Auf den Gewinn von 10000,- Euro fallen 2500,-Euro Kapitalertragssteuer sowie Solidaritätsbeitrag von 137,50 Euro an und ggf. noch Kirchensteuer. Der Einfachheit halber ignorieren wir die Transaktionskosten. Der Anleger muß von 10000,- Euro Gewinn also ca. 2600,- Euro Steuern bezahlen.

Was bei dieser Besteuerung nicht korrekt ist, ist die Tatsache, daß dem Kaufpreis von 2010 (also 10000,-Euro) heute (2020) ein Wert von ca. 12000,-Euro entspricht (unter Verwendung der Inflationsdaten der Deutschen Bundesbank).

Der reale Gewinn ist somit nur 8000,- Euro und nicht 10000,-Euro.

Durch die Nichtberücksichtigung der Inflation hat der Fiskus den Anleger also um gut 500,-Euro betrogen.

Mein Rat an Anleger bei denen es um eine größere Summe geht: Klagen Sie dagegen!

Solange es im Bundesfinanzhof noch vernünftige Richter gibt, ist es realistisch auf den Gewinn einer solchen Klage zu setzen.



© 2020 Klaus Huber